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Zu Risiken und Nebenwirkungen

Richard Leipold


Die Taxerlöse in Berlin gingen bereits im Jahr 2019 besorgniserregend zurück. Seit März 2020 verursacht die Bekämpfung der Coronakrise existenzbedrohliche Einbrüche beim Hotellerie- und Gaststättengewerbe und bei den Reiseveranstaltern. Wenn keine Gäste mit dem Flugzeug in Berlin ankommen, dann wird niemand in den Hotels absteigen. Wenn Restaurants und Clubs geschlossen werden, dann braucht keiner ihrer Kunden eine Taxe. Es ist also nicht verwunderlich, dass auch das Taxigeschäft zusammengebrochen ist.

Um den Mindestlohn bezahlen zu können werden Einnahmen von deutlich mehr als 14,00 EUR die Stunde benötigt, weil die Lohn- und Lohnnebenkosten alleine 14,00 EUR ausmachen. Aus den Daten der Fiskaltaxameter können wir errechnen, dass die durchschnittlichen Einnahmen pro Stunde nur 12,00 – 14,00 EUR betragen. Seriöse Unternehmen haben ihre Fahrer in Kurzarbeit geschickt, weil sie nur unter zwei Alternativen wählen konnten. Sie konnten alle Fahrer entlassen (was bereits einige gemacht haben), oder sie mussten die Angestellten in Kurzarbeit schicken und hoffen, dass die durchschnittlich erzielbaren Umsätze wieder auf einen Wert ansteigen, der eine Beschäftigung möglich macht.

Krankenkassenfahrten erhalten nur einen sehr geringen Teil der Taxibetriebe am Leben. Wenn wir uns die Menge der Taxen an den Halteplätzen ansehen, oder überprüfen, wie viele Fahrzeug weiterhin der Öffentlichkeit zum Beispiel per Funk angeboten werden, dann sehen wir, dass deutlich Fahrzeuge unterwegs sind als die Anzahl der selbstfahrenden Einzelunternehmer rechtfertigen würde. Diese Einzelunternehmer müssen sich zwar an den Taxitarif halten, sind aber ansonsten frei und haben die Lizenz zu schrankenloser Selbstausbeutung. Unternehmer, die Fahrer beschäftigen müssen nicht nur den Taxitarif einhalten, sondern sie sind zudem den Regelungen des Mindestlohngesetzes unterworfen.

Viele Taxiunternehmer haben Schulden. Das liegt nicht daran, dass sie zu flott gelebt haben. Auf Grund der wirtschaftlichen und gesetzlichen Rahmenbedingungen, die der Senat von Berlin und seine nachgeordneten Behörden zu verantworten haben, konnten diese Betriebe kein ausreichendes Kapitalpolster für schlechte Zeiten bilden und haben in der Regel einen großen Anteil ihrer Fahrzeuge bei den Automobilbanken finanziert. Weil in Folge der Krise der Wert ihrer Fahrzeuge unter die jeweilige Kreditsumme gefallen ist, sind sie eigentlich pleite. Wenn sie also weiterwursteln, dann liegt das in der Regel nicht daran, dass sie kriminell sind. Diese Unternehmer wollen die Ersparnisse, die sie für ihre alten Tage zurückgelegt haben, nicht verlieren und scheuen eine Privatinsolvenz. Das ist verständlich.

Für das Taxigewerbe als Ganzes ist das schlecht. Eine Marktbereinigung findet, wenn überhaupt, nur in der Form einer Negativauswahl statt. Jeder Unternehmer, der es sich leisten kann, wird das Gewerbe verlassen. Somit bleiben nur die, die gar nicht anders können. Wer für sein Geschäftskonzept „billige Sklaven“ braucht mag das begrüßen. Wer Billigfleisch will, der muss schließlich ja zu Tönnies sagen, wer billige Personenbeförderung möchte, der darf sich über die Folgen nicht beschweren.

An dieser Stelle möchte ich Taxiunternehmer vor einem Geschäftskonzept warnen, mit dem einige sich durch die Krise mogeln möchten. Wer seine Fahrer 8 Stunden pro Tag auf die Piste schickt und handgeschriebene Arbeitszeitnachweise akzeptiert, laut denen die Fahrer nur 3 Stunden gearbeitet haben, der geht auf ganz dünnem Eis, wenn er weiterhin für diese Fahrer Kurzarbeitergeld beantragt.

In der Zeitschrift „Berliner Wirtschaft“ (IHK 09/2020) schrieb Pascal Croset [www.ra-croset.de], ein Fachanwalt für Arbeit hierzu einen empfehlenswerten Artikel mit dem Titel „Wenn Chefs bei der Kurzarbeit schummeln“. In diesem Text listet er die Risiken und Probleme auf, die Firmenleitungen bedenken sollten. Ich empfehle eine aufmerksame Lektüre dieses Textes stelle im Folgenden einige Auszüge aus diesem Artikel vor:

1. Wer kontrolliert, ob Kurzarbeitergeld rechtmäßig angewendet wird?

Im Regelfall die Agentur für Arbeit. Derzeit prüft die Behörde bei der Antragstellung eher oberflächlich. Dafür guckt sie aber später genau(er) hin: Ob bewilligte Gelder zu Recht geflossen, die Angaben des Arbeitgebers schlüssig sind oder Gründe für eine Rückforderung bestehen. Bei jeder Rückforderung kontrolliert das Amt, ob dem Arbeitgeber ein Vorwurf gemacht werden kann. Steht ein Betrugsverdacht im Raum, leitet die Agentur für Arbeit ihre Ergebnisse an die Polizei oder Staatsanwaltschaft weiter.

2. Wie kontrollieren die Behörden, ob es Verstöße gab …

Erscheint es aus Sicht der Ermittler möglich, dass zu unrecht Kurzarbeitergeld eingefordert und damit eine Straftat begangen wurde, leiten sie ein Strafverfahren ein. …

3. Wann ist bei Kurzarbeitergeld konkret von Betrug die Rede?

Entscheidend ist, ob die Geschäftsführung in Kauf genommen hat, dass bei der Antragstellung falsche oder unvollständige Angaben gemacht wurden. … Möglicherweise liegt dann auch ein Subventionsbetrug vor. Unternehmer machen sich sogar strafbar, wenn sie leichtfertig gehandelt haben und ihren Informations-, Erkundigungs-, Prüfungs- und Aufsichtspflichten nicht genügend nachgekommen sind. Beispielsweise, wenn ein Mitarbeiter den Arbeitszeitnachweis versehentlich falsch oder unvollständig ausgefüllt hat

Kommentar von mir: Ein Taxiunternehmer muss also nachweisen, dass er die Angaben seiner Arbeitnehmer sorgfältig überprüft hat und er muss sicherstellen, dass sie plausibel sind. Die sicherste Methode funktioniert über den Fiskaltaxameter, wobei die Berechnung „Ausloggen“ minus „Einloggen“ minus gesetzliche Pausen unbestreitbare Plausibilität besitzen dürfte. Wenn der Fahrer also 8 Stunden unterwegs ist, dann darf kein Kurzarbeitergeld für ihn beantragt werden, egal, wie niedrig seine Umsätze sind.

4. Machen sich Mitarbeiter auch strafbar, wenn sie gezwungenermaßen mehr arbeiten?

Im Regelfall besteht nur für den Arbeitgeber ein Strafbarkeitsrisiko. Es gibt theoretisch Ausnahmen, bei denen den Mitarbeitern strafrechtliche Beihilfe vorgeworfen werden könnte. Das passiert in der Praxis aber kaum.

5. Wenn die Mitarbeiter mehr Stunden leisten, als beim Arbeitsamt angegeben, mit welchen Strafen müssen Arbeitgeber rechnen?

Die Täter müssen mit Geld- oder Freiheitsstrafen rechnen, im schlimmsten Fall bis zu zehn Jahren. Darüber hinaus drohen der Verlust der gewerberechtlichen Zuverlässigkeit und die Gefahr einer Auftragssperre bei öffentlichen Ausschreibungen.

6. Gibt es bereits aktuelle Fälle von Subventionsbetrug?

Einige Medien haben über Ermittlungsverfahren während mit der Corona-Krise berichtet. Aktuell sind dies jedoch meistens Betrugstaten im Zusammenhang mit der Beantragung staatlicher Corona-Soforthilfen. Wahrscheinlich werden ab dem dritten beziehungsweise vierten Quartal dieses Jahres immens viele Ermittlungsverfahren wegen Kurzarbeitergeld eingeleitet.

Mir ist klar, dass dieser Artikel einigen von Euch nicht gefallen wird. Denkt aber bitte daran, welches Risiko ihr für welchen potentiellen Gewinn eingeht, bevor ihr in die Luft geht. Ihr solltet mir, wie üblich nichts glauben, sondern alles selber überprüfen. Denkt immer an den Werbespruch im Fernsehen: Zu Risiken und Nebenwirkungen befragt bitte den Berater Eures Vertrauens.

Richard Leipold BTV


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